Montag, 01.10.2012
Als ich gegen 18:25 Uhr die Firma verlasse, zieht ein extrem unangenehmer Verwesungsgeruch durch die Straßen der kleinen Stadt mitten in Deutschland. Er steigt mir in die Nase und weckt in mir die Assozitation an eine soeben explodierte Jauchegrube. Nun ist meine Stadt auch nicht so sehr ländlich, dass dieser Geruch alltäglich wäre. Also fällt meine Vermutung auf die nicht all zu ferne Kläranlage, die mit Westwindunterstützung durchaus einen Solchen hervorbringen könnte.
Noch während ich zum Parkplatz laufe, setzt ein leichter Regen ein, vor dem ich mich die Kapuze meiner etwas heruntergekommene Jack Wolfskin Jacke schützt. Ich mag es nicht, wenn mir Regen auf die Glatze tropft. Ich denke über den widerlichen Gestank nach und ob es wohl so erbärmlich stinken würde, dass es gar den Wolken die Tränen in die Augen und somit auf meinen Kopf triebe.
Als ich mit meinem nicht ganz so heruntergekommenen Renault den Parkplatz verlasse, nimmt der Regen etwas zu. Als ich aus der Ausfahrt biegend gerade einen Gedanken daran verschwende, dass mich morgen schon wieder die lästige Frühschicht ruft, höre ich quietschende Reifen und nehme einen weißen VW Golf wahr, der mir um ein Haar in die Seite geknallt wäre. Der Fahrer verrenkt sich heftig und macht unschöne Gesten – Zunge, Mittelfinger, etc..
Ich bin mir sicher, dass das Fahrzeug vor einer Sekunde, als mein prüfender Blick die Möglichkeiten abmaß, noch reichlich weit entfernt war, so dass mir eine Einfahrt in den Straßenverkehr, wie ich sie hier mindestens einmal täglich durchführe, durchaus gefahrlos machbar erschien. Schlussfolgerung: Der Fahrer des weißen Golf muss ziemlich aufs Gas getreten haben.
Auf dem weiteren Weg zu meiner Wohnung fallen mir noch einige weitere Verkehrsteilnehmer auf, die anscheinend verwirrtes und teilweise aggressives Verhalten an den Tag legen. Interessanterweise laufen auch viele der Passanten völlig ohne geeigneten Schutz durch den nun durchaus beachtliche Regen.
Während ich in meine Einfahrt biege, reißt die Führerin eines rot-gestreiften Kleinwagens die Tür auf, so dass ich auch hier nur ein Haar dem Blechschaden entgehe. Ich denke an den Vollmond, der wohl an alle diesen seltsamen Verhaltensweisen schuld sein muss. Oder es ist wieder mal ein Sonnensturm auf der Erde angelangt. Auf dem Weg von der Garage zur Haustüre, im schon etwas nachlassenden Regen, bemerke ich zwei Leute in Gestalt der zuvor genannten Türaufreißerin und eines männlichen Begleiters, die ebenfalls völlig ungeschützt, durch die Pfützen hinter mir her tappen. Ich beeile mich etwas um die Haustür zu erreichen und kann sie gerade noch in Schloss schnappen sehen, kurz bevor die Verfolger mich erreichen. Puh!
In meiner Wohnung angekommen, streife ich die Schuhe ab und hänge die nasse Jacke an den Haken. Sie riecht tatsächlich etwas nach dem Jauchegeruch, der durch die Straßen zieht. So vermeide ich es, wie üblich die Fenster zum Lüften zu öffnen und schalte mein MacBook ein.
Ich denke an die Lebensmittelvorräte, die ich mir vor einigen Wochen angelegt hatte, eigentlich mehr aufgrund der „Insider-Meldung“ über einen bevorstehenden Zusammenbruchs des Währungssystems, und wie lange sie wohl halten würden, wenn ich das Haus nicht mehr verlassen könnte. Ich checke kurz, ob die kleine Axt und meine diversen Budo-Holzwaffen noch an Ort und Stelle sind. Verdammt! Warum hab ich nur vergessen zum Supermarkt zu fahren und mir einen neuen Vorrat an Trinkwasser in Plastikflaschen anzulegen?
Die Internetseite des „ehemaligen Nachrichtenmagazins“ SpOn öffnet nur langsam, als ich vor dem Rechner sitze. „Dirk Bach ist tot“, „Sicherheitsmängel bei zwölf deutschen AKW“, „Griechenlands Schulden steigen auf Rekordniveau“ – also nichts besonders Überraschendes. Vermutlich werden, wie üblich, die Meldungen über bevorstehende Gefahren von den Mainstreammedien unterdrückt.
Ich schalte Spotify an und höre in die neue Platte „The 2nd Law“ der Revolutionsrocker MUSE rein. Beim Track „The 2nd Law: Unsustainable“ fällt mir mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf, dass selbst MUSE nicht am so populären Dubstep vorbei kommt. Gleich danach steht in der Playlist die Scheibe „Harakiri“ des ebenfalls in die Kategorie des spirituell angehauchten Revolutionsrock passenden Künstlers Serj Tankian bereit. Anscheinend zieht mich Musik an, die die bestehende Weltordnung kritisiert und eine bessere Welt verspricht, wenn wir uns nur ändern könnten.
Die Seite Spaceweather.com zeigt an, dass es tatsächlich in den letzten 24 Stunden zu einem heftigen geomagnetischen Sturm kam, der jetzt schon wieder abflaut. Ich hoffe, dass die insgesamt beunruhigende Situation nur auf diese Faktoren (Westwind + Vollmond + Sonnensturm) zurückzuführen ist und sich nun wieder normalisiert. Oder bin ich etwa paranoid?
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